Verbraucherschutz vs. Tabakinteressen

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Heute kommt es zur Abstimmung des Europarates mit Vertretern des Europäischen Parlaments und der EU-Kommision – um die vor knapp zwei Monaten im Parlament beschlossenen Regulierungen von Tabakprodukten zu beraten. Unter anderem werden künftig Warnhinweise größer und verschiedene Zusatzstoffe, die den Raucheinstieg erleichtern (z. B. Menthol oder Vanille), sollen verboten werden. Die Vertreter der Europäischen Mitgliedsstaaten haben hier aber zur Einführung ein gewichtiges Wort mitzureden und Tabaklobbyisten haben ganz offensichtlich auch hier ganz erheblich versucht Einfluss auf die Entscheidungen der Regierungsvertreter zu nehmen.

Besonders abgesehen haben es die Industrievertreter nun auf einen unscheinbaren Paragraphen in der Tabakrichtlinie: §14 – der die Bekämpfung des äußerst lukrativen Zigarettenschmuggels betrifft. In ihm wird vorgeschrieben, dass alle Schachtel künftig ein Erkennungsmerkmal tragen müssen, die eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der Inhaltsstoffe vom Anbau bis zur Zigarette möglich macht und sowohl Produktions- als auch Vertriebswege nachvollziehbar machen soll. Gleichzeitig wird die Kontrolle dieser Wege nicht mehr nur bei der Industrie liegen sondern eine bessere Kontrolle ermöglichen; im Wortlaut des vorliegenden Papiers müssen „die Hersteller von Tabakerzeugnissen mit unabhängigen Dritten Verträge über die Datenspeicherung schließen“. Vor allem in den Osteuropäischen Ländern haben die Tabaklobbyisten leichtes Spiel – die Industrie dort hält die Regulierungen für zu bürokratisch und damit für zu teuer. Deutschland reiht sich hier nahtlos ein – als führender Industriestaat gibt es in Deutschland noch immer eine extrem starke Lobby für Tabak und deshalb ist fraglich, wie sich die Regierungsvertreter in diesem Punkt verhalten werden.

Zigarettenschmuggel in Deutschland betrifft etwa 10% aller gerauchten Glimmstengel. Die Tabakindustrie hat aber scheinbar kein Interesse an einer besseren Rückverfolgbarkeit. Lt. Spiegel stammen viele der illegal vertriebenen Zigaretten trotz allem aus den Fabriken der Tabak-Multis und verschiedene Großkonzerne sahen sich in der Vergangenheit schon mit gerichtlichen Verfahren zum Zigarettenschmuggel konfrontiert. U. a. wurde gegen Philip Morris ein EU-Verfahren wegen „fortgeführter illegaler Aktivitäten“ rund um den „grenzüberschreitenden Zigarettenschmuggel“ eröffnet (und leider nicht verhandelt sondern gegen eine Geldzahlung eingestellt).

Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/eu-tabakrichtlinie-lobby-arbeitet-gegen-eingrenzung-des-schmuggels-a-936946.html