Reemtsma hofft auf rauchende junge Männer aus anderen Ländern

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In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt macht Reemtsma indirekt Werbung für sich und seine Produkte und der Redakteur / Autor Martin Kopp gibt dafür alles. Er stellt Fragen, die wie Steilvorlagen wirken und gibt unreflektiert Raum für das Gesülze eines Tabak-Konzern-Vorstandssprechers. Besonders perfide ist die Einleitung. Der Blick aus dem Büro von Michael Kaib (58 … wofür ist das relevant?) auf das angrenzende Flüchtlingslager störe den gut bezahlten Manager nicht (Wie großzügig, Menschen in Not zu sehen stört ihn nicht! Toll.) denn „Flüchtlinge sind für Reemtsma wichtige Kunden“.

Unumwunden gibt Kaib zu, dass die Tabakindustrie bis zum 20. Mai 2016 große Mengen an Zigaretten produzierte um möglichst lang die Warnhinweis-Bilder vermeiden zu können: „Deswegen spüren wir die Auswirkungen jetzt noch nicht. Die neuen Packungen kommen jetzt erst nach und nach in den Läden an.“ Und er hofft, dass sowohl die gute Lage am Arbeitsmarkt in Deutschland als auch die vielen Flüchtlinge helfen, eine eventuelle Umsatzdelle in Deutschland zu verhindern. Vor allem dank der vielen jungen und männlichen Ausländer: „der größte Teil sind junge, männliche Flüchtlinge, und da ist der Tabakkonsum stärker verbreitet […] Die Zahl der Konsumenten wächst aufgrund der Migration – und der Markt ist demzufolge stabil.“

Dir Angst vor dem Aus für die Tabakwerbung

Angst hat der Reemtsma-Sprecher auch; ein bißchen. Und zwar vor einer möglichen Einschränkung der Tabakwerbung. Aber nicht, dass der Absatz wegbricht sondern dass die vermutlich horrenden Margen für seine tödlichen Tabakprodukte ruiniert werrden: „Wenn die Werbung als Instrument zur Marktbeeinflussung und zur Kommunikation mit unseren Konsumenten wegfällt, dann rückt natürlich der Preis als kaufentscheidender Faktor wieder in den Vordergrund.“ Fast wie zu Zeiten, als es den Deutschen die Lust am Rauchen aus Armut fast vergällt hätte … nein, das geht natürlich nicht.

Aber die Gefahr der Tabakwerberichtlinie ist in Wirklichkeit eine Gefahr für den Konsumenten. Jetzt steht nämlich nicht mehr drauf, wieviel Teer und Nikotin enthalten sind – und das ist für Kaib (der nur „gelegentlich“ raucht) ein Horror, wie soll man sich denn da für die „gesunde“ Zigarette entscheiden?! Mit Worten aus dem Interview: „Es wird zunehmend schockiert statt informiert, und dem Konsumenten fehlt am Ende jegliche Orientierung zum Produkt.“ Nein, jetzt sieht man drauf was passiert, wenn man raucht – egal wieviel Teer und Nikotin in der Zigarette enthalten sind. Man sieht, dass man schneller altert, schreckliche Krankheiten bekommt und schließlich grausam stirbt. So sehe ich das.

Und wieder eine Steilvorlage

„Kaib: Und der Gesetzgeber verschlimmert das noch.“ // „Abendblatt: Inwiefern?“ „Kaib: Na ja, die Große Koalition hat im Koalitionsvertrag festgelegt, dass sie die EU-Richtlinien eins zu eins umsetzen will. Sie geht aber darüber hinaus. Wir haben ja noch zwei weitere Regulierungsmaßnahmen vor uns. Einmal das sogenannte Änderungsgesetz, das zum ersten Mal die Tabakwerbung fast komplett verbieten würde. Und die Änderungsverordnung, welche die Zusatzstoffe, die wir unserem Tabak beimischen, noch über die EU-Richtlinie hinaus deutlich einschränken soll.“ Abendblatt: „Was sind das für Stoffe?“ Kaib: „Beispielsweise Koffein oder Extrakte der Kaffeebohne und Teepflanzen.“

Ja, genau. Nur lecker Kaffe & Tee. Sonst nix. Die Liste der Zusatzstoffe beginnt vermutlich eher bei Menthol, Zucker und vielen anderen, um das Rauchen auch für „Beginner“ einfacher zu machen.

Reemtsma ist der Gute

Und dann beginnt die größte Frechheit. Auf den eigenen Hinweis, dass die Konzerne zwar wüssten, wie mit rückwirkender Gültigkeit für den 20. Mai in Bezug auf diese Zusatzstoffe aussehen wird, es aber eben erst Ende 2016 verabschiedet werden kann wird er vom Abendblatt gefragt „Warum lassen Sie Zusatzstoffe nicht jetzt schon weg?“. Und der Reemtsma-Lobbyist antwortet mit den Worten: „Die Änderungsverordnung gibt es derzeit nur im Entwurf. Der Punkt ist eher, dass in Deutschland noch immer gilt: „Keine Strafe ohne Gesetz“. Ein rückwirkendes Gesetz ist einfach verfassungswidrig. Das ist ja gerade so, als wenn Sie auf der Autobahn Tempo 150 fahren. Ein paar Wochen später wird die Höchstgeschwindigkeit auf 100 gedrosselt, und Sie bekommen nachträglich einen Strafzettel. Das geht nicht.“

Aber wenn ich weiß, dass in Deutschland Autos nur noch 100 Fahren dürfen baue ich eben keine Autos mehr, die 150 Fahren dürfen. Keiner will Raucher bestrafen, die Zigaretten mit (dann illegalen) Zusatzstoffen rauchen.

Der Rest des Interviews ist eine einzige Lobhudelei auf das soziale Engagement von Reemtsma, dem Vorstandssprecher, dem Rücksichtsvollen Umgang der Nichtraucher mit den rauchenden Kollegen in der Tabakfirma und dem Platzieren des Markennamens der e-Zigarette von Imperial Tobacco, die in Deutschland erst dann eingeführt wird, wenn man richtig Geld damit verdienen kann.

Q: http://www.abendblatt.de/hamburg/article207937653/Reemtsma-Chef-Zahl-der-Raucher-waechst-durch-Migration.html