Das abhängiges Rauchen von Tabak und Tabakprodukten wird in den beiden relevanten diagnostischen Klassifikationssystemen ICD-10 (International Classification of Diseases der World Health Organisation) und DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders der American Psychiatric Association) als Krankheit anerkannt, als Tabakabhängigkeit bzw. Nikotinabhängigkeit. Es wird vorgeschlagen, nur noch von Tabakabhängigkeit statt von Nikotinabhängigkeit zu sprechen. Die Beschränkung auf einen einzelnen Inhaltstoff (hier: Nikotin) wird dem komplexen Zusammenspiel biologischer und psychologischer Faktoren beim abhängigen Rauchen nicht gerecht.
Einstufung nach ICD-10
Tabakabhängigkeit ist unter der Rubrik „Psychische und Verhaltensstörung durch psychotrope Substanzen“ klassifiziert. Nach ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, WHO) kann die Diagnose Tabakabhängigkeit gestellt werden, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien mindestens einen Monat lang gleichzeitig aufgetreten sind:
- Starkes Verlangen/Zwang, Tabak zu konsumieren
- Verminderte Kontrolle über Tabakgebrauch; erfolgloser Versuch/ anhaltender Wunsch, Gebrauch zu verringern/kontrollieren
- Körperliches Entzugssyndrom bei Verringern oder Absetzen des Tabaks
- Toleranzentwicklung
- Vernachlässigung von Interessen oder Vergnügen zugunsten des Tabakkonsums,
- Anhaltender Gebrauch trotz schädlicher Folgen
Für die Diagnose Nikotinentzug müssen bei der ICD-10 mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sein:
- Verlangen (Craving)
- Krankheitsgefühl/Schwäche
- Angst
- Dysphorische Stimmung
- Reizbarkeit/Ruhelosigkeit
- Insomnie (Schlaflosigkeit)
- Appetitsteigerung
- Husten
- Ulzerationen der Mundschleimhaut
- Konzentrationsschwierigkeiten
Klassifikation nach DSM IV
Im DSM IV finden sich – etwas anders formuliert – fast dieselben Kriterien für Substanzabhängigkeit und –entzug wie im ICD 10.
Mindestens drei der folgenden Kriterien müssen für denselben 12-Monats-Zeitraum zutreffen für die Diagnose Nikotinabhängigkeit:
- Toleranzentwicklung
- Der Nikotinkonsum ist notwendig, um Entzugssymptome zu vermeiden
- Substanz wird in grösseren Mengen oder über längeren Zeitraum als ursprünglich beabsichtigt eingenommen
- Wunsch oder erfolglose Versuche, Substanzgebrauch zu reduzieren oder zu kontrollieren.
- Viel Zeit verbracht mit Substanzbeschaffung, Substanzkonsum oder Erholung von Substanzwirkungen.
- Substanzmissbrauch führt zum Rückzug von sozialen, beruflichen und Freizeitaktivitäten.
- Substanzgebrauch wird fortgesetzt, obwohl erkannt wird, dass es psychisch oder körperlich schadet.
Folgende vier Kriterien (A, B, C und D) müssen beim DSM IV zutreffen für die Diagnose Nikotinentzug:
A) Es muss zuvor täglich und über einen Zeitraum von mind. mehreren Wochen Nikotin konsumiert worden sein.
B) Eine plötzliche Beendigung oder Einschränkung des Nikotinkonsums führt innerhalb von 24 Stunden zu mindestens vier der folgenden Symptome:
- Dysphorische/depressive Stimmung
- Schlaflosigkeit
- Ablenkbarkeit/Enttäuschung/Ärger
- Angst
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Unruhe
- verminderte Herzfrequenz
- gesteigerter Appetit/Gewichtszunahme
Bemerkenswert ist, dass das Craving (Verlangen nach der Zigarette), im DSM-IV nicht zu den Entzugssymptomen gezählt wird.
C) Nikotinentzug muss in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigung hervorrufen und
D) nicht besser durch medizinischen Krankheitsfaktor oder andere psychische Störungen erklärbar sein.