In Deutschland gelingt es der Lobby die Regierungsparteien der CDU/CSU-Fraktion und wohl auch Teile der SPD so zu beeinflussen, dass seit Beginn der Kanzlerschaft von Dr. Angela Merkel kaum Fortschritte in der Tabakprävention zu verzeichnen sind. Und dies, obwohl die ehemalige Drogenbeauftragte Marlene Mortler und der Landwirtschaftsminister Christian Schmidt CSU-Politiker/in sind und beide zusammen auch ambitionierte Pläne für Tabakwerbeverbote (2014, 2016/17) hatten.
Heute wollen wir aber mal einen Blick auf die Nachbarländer werfen:
- Alle EU-Mitgliedsstaaten – außer Deutschland – haben mittlerweile Gesetze eingeführt, welche die Tabakwerbung sowie Sponsoring deutlich umfassender verbieten als dies in der EU-Richtlinie 2003/33/EG zu Tabakwerbung im Internet, in Zeitungen und Zeitschriften geregelt ist.
- Erwiesenermaßen sind starke Steuererhöhungen auf Tabakprodukte eines der wirksamsten Instrumente der Prävention, viele Länder erhöhen aber trotzdem stufenweise und langfristig geplant. In Frankreich findet diese Erhöhung in drei Schritten von 2017 bis 2020 statt und wird zuletzt den Preis pro 20er-Schachtel auf etwa 10 € heben. Im Vergleich: Zigaretten kosten in Deutschland ~7 €.
- In vielen Ländern (außer, dank der rechtsnationalen FPÖ, in Österreich) herrscht ein absoluter Nichtraucherschutz in der Gastronomie – in Deutschland gibt es in vielen Bundesländern Ausnahmen für kleine Kneipen oder für Nebenzimmer
- In Frankreich, Irland, Großbritannien, Norwegen, Slowenien (2020) und Ungarn (Ursprünglich Mai 2019 nun ab 2022) sind Zigaretten nur mehr in einheitlicher Verpackung („Einheitsverpackung“, Plain Packaging) ohne Design, individueller Farbgestaltung oder Logo abzugeben.
- Schweden plant bis 2025 rauchfrei zu werden und verschärft hierfür das generelle Rauchverbot. Es wird ab 1. Juli verboten sein in Freiflächen (Biergarten, Terrassen usw.) von Gaststätten und unmittelbar vor Lokalen sowie auf Spielplätzen, auf Bahnsteigen und an Haltestellen zu rauchen oder zu „dampfen“; d. h. die neuen Regelungen gelten auch für E-Zigaretten und Tabakerhitzer.
- Finnland möchte bis 2035 die Raucherquote bei 15- bis 64-jährigen auf unter zwei Prozent senken, und damit faktisch rauchfrei werden. Eine Regelung auf dem Weg dorthin wird sein, dass finnische Staatsbürger mindestens 24 Stunden im Ausland verbringen müssen, damit sie Tabakerzeugnisse oder sogenannte Liquids mit Nikotin importieren dürfen.
Damit sich in Deutschland etwas ändert muss sich scheinbar an den politischen Machtverhältnissen in Berlin etwas ändern, denn auch mit dem neuen Fraktionsvorsitzenden Brinkhaus scheint kein echter Wille zu mehr Jugend- und Nichtraucherschutz in die Köpfe der Unionspolitiker eingezogen zu sein. Und: Mahnungen der Tabakindustrie, Werbeverbote würden zu Entlassungen führen, können nicht direkt auf die verlorenen 1.050 Arbeitsplätzen durch „Reduzierung der Produktionskapazitäten“ von Philip Morris in Berlin zum 1. Januar 2020 angewandt werden – denn es gibt kein gesetzliches Werbeverbot. Noch nicht mal in ferner Sicht.