Der Deutsche Zigarettenverband wirbt massiv damit, dass Tabakwerbung notwendiges Mittel wäre, z. B. um die aktuellen Raucher über Preisänderungen zu informieren. Außerdem gehöre es zur Freiheit, vor allem zur unternehmerischen, dass Werbung für legale Produkte automatisch legal sein müsse.
Im O-Ton lauten die Argumente: „Die Freiheit zu werben, ist für jedes Konsumgüterunternehmen von grundlegender Bedeutung, damit es um Marktanteile konkurrieren kann. Werbung ist ein wesentliches Element des Wettbewerbes und ein wichtiges Hilfsmittel, um mit erwachsenen Konsumenten zu kommunizieren; auch dient sie der Förderung der Markenloyalität.“
Um den Kritikern, die Kinder in Gefahr wissen, begegnen zu können, gibt man sich gelinde zerknirscht: „Neben den gesetzlichen Anforderungen wollen die Mitgliedsfirmen des DZV mit einheitlichen Maßstäben für ihre Marketingaktivitäten sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche nicht die Zielgruppe für das Tabakmarketing sein dürfen und dass die Risiken des Rauchens nicht verharmlost werden. Zu diesem Zweck hat sich der DZV einen Werbekodex als verbindliche Richtlinie für die Marketingaktivitäten seiner Mitgliedsunternehmen gegeben.“
Mit diesem halbseidenen Versprechen und der Warnung vor der dräuenden Gefahr weiterer Werbeverbote (für Zucker, Alkohol, Bordelle) hat man im Verband der Zigarettenhersteller eine Selbstverpflichtung aufgesetzt, die u. a. anpeilt 100 Meter vom Haupteingang einer Schule oder eines Jugendzentrums keine Tabakwerbung zu pflastern. Rein hypotetisch gesprochen können aber auf der Fensterseite der Schule (also gegenüber vom Haupteingang) in 101 Meter Entfernung Großflächenplakate gut sichtbar von den Schulbänken hängen … Kinder können eh nicht lesen oder auf die jugendlich-getrimmten Bilder ansprechen.
Schließlich dürften Kinder und junge Menschen unter 18 Jahren ja nicht rauchen und würden es deswegen auch nicht tun. Entgegen aller wissenschaftlichen Evidenz.
Warum nehme ich mir die Zeit und schreibe dies? Weil ich heute am „Haus für Kinder“, einer Nürnberger Tageseinrichtung für Kinder (bis zum Ende des Grundschulalters, also 0 bis 10-11 Jahre) vorbeifuhr und mir auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein WEST-Plakat entgegenfiel. Bei meinen Bemühungen, diese Plakat entfernen zu lassen, habe ich nach den Abstandsregeln gesucht und bin darüber gestolpert, wie schlecht man doch die Selbstverpflichtung im Internet finden kann. Deswegen möchte ich sie hier nochmals zur Verfügung stellen und Allen Mut machen, gegen illegale Zigarettenplakate vorzugehen.
Links:
- Selbstverpflichtung der Zigarettenhersteller (Tabakindustrie), genauer des Deutschen Zigarettenverbandes DZV (Informationen zur räumlichen Distanz zu Schulen und Jugendzentren unter Punkt 1, 3. auf Seite 3 oben)
- Antrag B90 / die Grünen auf eine Nürnberger Selbstverpflichtung zum Verzicht von Tabakwerbung im Stadtgebiet (die leider von OB Maly mit einem kurzen Schreiben und Verweis auf o. g. Selbstverpflichtung und deren „in aller Regel“ strikte Einhaltung negativ beschieden wurde)
- Umfrage im Blog der Nürnberger Zeitung, ob ein Tabakwerbeverbot in der Stadt gelten soll: Ergebis 67% Ja-Stimmen zu / 33% Gegnern.
Ach ja, sowohl die Mitarbeiter der Stadt Nürnberg als auch die der Stadtreklame waren sehr freundlich, es ist wohl wegen hoher Auslastung eine manuelle Umbuchung erfolgt und dabei wurde der Tabak-Vermerk für diese Haltestelle übersehen. Das Plakat soll innerhalb 24 Stunden entfernt werden – das finde ich sehr schön! Auch wenn ein Tabakwerbeverbot in ganz Deutschland erklärtes Ziel ist und bleibt!