Das Werbeverbot – ein Update

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Tabakwerbung wird von Lobbyisten so verkauft, dass es sich um reine Markenprägung des erwachsenen, selbstbestimmten Rauchers handelt und Neuartige Tabakprodukte (wie Verdampfer und elektrische Tabakerhitzer) beworben würden um für „Aufklärung“ und zum Umstieg auf eine „gesündere Alternative“ verlocken sollen.

Tatsächlich ist es aber vermutlich eher so, dass Tabakwerbung weiterhin Jugendliche und Kinder sowie junge Erwachsene zum Einstieg verlockt als den lungenkranken Raucher zum Umstieg auf eine andere Marke. Und bei den „hippen“ Vaporisatoren geht es wie bei der klassischen Zigarette einfach um einen sehr lukrativen Markt mit legalen Drogen – wer durch Nikotin und geprägtes Verhalten erst einmal abhängig ist, der wird langfristig viel Geld in die Kassen der multinationalen Konzerne spülen.

Nach unglaublichen Anstrengungen von Gesundheitspolitiker*innen und Kinderschutzaktivist*innen ist es nun endlich gelungen auch die Hürde der Unionsfraktion zu nehmen – wenn auch im Trippelschritt. Denn was sich auf den ersten Blick gut liest (Stichwort: Tabakwerbeverbot) liest sich im Gesetzentwurf schon ernüchternder („Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes“) – und in der langen Frist ist es schon fast frustrierend, wie lange Tabakwerbung noch sichtbar im öffentlichen Raum zu sehen sein wird:

  • Tabakwerbung im Kino (Fime mit FSK18): unbegrenzt
  • Tabakaußenwerbung an „Fachgeschäften“: unbegrenzt
  • Gratisproben (Sampling) in „Fachgeschäften“: unbegrenzt
  • POS-Werbung (z. B. Videospots am Verkaufsort): unbegrenzt
  • Außenwerbung für E-Zigaretten (z. B. Plakatwerbung): bis 31.12.2023
  • Außenwerbung für Tabakerhitzer: bis 31.12.2022
  • Außenwerbung für Zigaretten u. ä.: bis 31.12.2021
  • Gratisproben auf Festivals u.s.w.: bis 31.12.2020
  • Kinowerbung (Filme bis einschl. FSK16): bis 31.12.2020

Der Gesetzestext schätzt die Umsatzeinbußen der Werbewirtschaft (nach vollständiger Umsetzung des Gesetzes am 01. Januar 2024) auf knapp 96 Millionen €. Es ist aber anzunehmen, dass die Tabakindustrie ihr Gesamtvolumen von etwa 200 Millionen € an Werbeetat in Deutschland aufrecht erhält oder sogar die Ausgaben v. a. bis zu diesem Termin noch steigern wird. Gerad hinsichtlich der neu in den Markt zu bringenden Zigarettenalternativen mit elektrischen Erhitzern und Vaporisatoren und deren Liquids ist mit einem Aufwuchs zu rechnen. Schon jetzt ist das Aufbäumen sichtbar – es sind bedauerlicherweise wieder vermehrt Tabakwerbungen an Bushaltestellen und Plakatwänden wahrzunehmen.

Auch ist davon auszugehen, dass die Umgestaltung der Werbung nun dahin gehen wird, dass die Tabakmultis nun vor allem über Produktplatzierungen und sogenannte Flagshipstores ihre Produkte an Mann und Frau bringen. Die strategische Anmietung von Geschäften an prominentesten Stellen führt dazu, dass die Ausnahmeregelungen hier greifen: großflächige, zielgruppengerecht gestaltete Premiumwerbungen werden in allen Innenstädten einziehen und einen erfolgreichen, mondänen Lifestyle vorgaukeln – dies wird vor allem bei Jugendlichen gut ankommen.

Verglichen mit den Regelungen anderer europäischer Länder ist die „Warnung“ des Deutschen Zigarettenverbandes (DZV) und dessen geschäftsführendem Unsympath Jan Mücke (der sich bereits vielfach mit trumpesken Falschbehauptungen öffentlich blamiert hat – den ganz großen Käse erfahren Sie unter https://www.zigarettenverband.de/), es wäre verfassungswidrig, weitere Einschränkungen in die Informationsfreiheit der Tabakindustrie vorzunehmen, lachhaft. Frankreich schreibt eine schlammgrüne Schachtel ohne nennenswerten Werbecharakter bereits seit 01/2017 vor (Plain Packaging). Belgien verbietet die verbliebenen Reste jeglicher Öffentlichkeitsarbeit: künftig (d. h. ab Januar 2021) sollen weder Tabakwerbung in Schaufenstern noch Aufsteller oder Leuchtreklamen zu sehen sein und das Rauchen in Autos, wenn Minderjährige mitfahren, wird obendrein unter Strafe gestellt.

Immerhin letzteres könnte auch in Deutschland bald Realität werden – die Länderkammer sandte zuletzt einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag – Verstöße sollen dann mit Strafen von 500 bis 3.000 € geahndet werden können. Ob die Polizei (personell) dazu allerdings in der Lage sein wird bleibet zumindest fraglich. Deshalb, und weil sich in Zeiten von schweren Lungenerkrankungen rund um das COVID19 kein Bundesland gesundheitspolitisch angreifbar machen will, ist davon auszugehen, dass der Bundesrat der o. g. Novelle rund um Tabakwerbung zustimmen wird.

Die Informationen zur zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfes des Bundestages finden Sie hier: Bundestag schränkt Tabakwerbung weiter ein