Kanzlerin dafür, Lobby schreibt das Gesetz

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Die engagierte MdB Dr. Kirsten Kappert-Gonther von der Partei Bündnis 90 / Die Grünen hat bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr versucht, nennenswerte Fortschritte für ein effektives Tabakwerbeverbot anzustoßen. Ihr Gesetzesentwurf zur Tabakwerbung ist im Bundestag mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD abgelehnt worden – und vermutlich nicht nur, weil dieser sehr gute Entwurf von der Opposition kam.

Der Suchtforscher Professor Tobias Kotz spricht von einer vertanen Chance. Die Kanzlerin Dr. Angela Merkel spricht sich in der Regierungsbefragung durch Kappert-Gonther zwar klar für Ihre persönliche Ansicht aus („Ich persönlich glaube, dass wir hier handeln sollten […]“, „Wenn es nach mir geht, sollten wir die Werbung für Tabakprodukte verbieten.“), weißt aber auf die schwierige Meinungsbildung in der Unionsfraktion hin und kündigt deshalb verschwurbelt an: „Bis zum Jahresende werden wir eine Haltung dazu finden.“

Dies dürfte vor allem mit den Lobbyinteressen zusammenhängen und damit, dass Tabakverbände und – unternehmen durch massives Spenden und Sponsoring von Parteiveranstaltungen a) versuchen Zeit bis zur endgültigen, schärferen Regelung zu schinden und deshalb den Gesetzgebungsprozess offensichtlich behindern (vgl. Volker Kauder) und b) massiv an neuen Regelungen mitzuschreiben gedenken.

Zumindest lassen dies Einblicke in einen eigenen Entwurf aus Reihen der Unionsfraktion zur Neuregelung für die Bewerbung von Tabak und neuartigen tabakähnlichen Produkten vermuten. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet über Annäherungen in der Fraktion, die ein verbindliches Kompromisspapier bis spätestens nach der Sommerpause wahrscheinlich machen.

Dieses Papier sieht diverse Ausnahmen z. B. für E-Zigaretten vor und auch lange Übergangsfristen, bis Tabakwerbung im Außenbereich ganz verschwindet. Ganz verschwindet? Zu früh gefreut – am Verkaufsort (Tabakgeschäfte, schicke Verdampfer-Läden in besten Innenstadtlagen, Tankstellen usw.) bleibt Werbung erlaubt. In Kinos darf vor Filmen ab 18 weiter geworben werden (warum war das eigentlich nicht schon so?!) und auch an der Praxis von Gratisproben und Veranstaltungssponsoring soll sich nichts ändern. Weshalb auch – da würden sich die regierenden Parteien ja ins eigene Fleisch schneiden. Immerhin beziffert Lobby-Control die Sponsoring-Gelder pro Jahr, die CDU, CSU, SPD und FDP erhalten haben auf circa 544.000 €.

Q: kappertgonther.de, MAZ Online